Jörg Rath-Kampe

Abbau interner Barrieren entscheidend für Erfolg der Digitalisierung

Eine Vielzahl von Unternehmen erkennt den vollen Wert von Investitionen in digitale Projekte nicht. Grund dafür ist die fehlende Zusammenarbeit zwischen ihren kritischen Geschäftsfunktionen, so das Ergebnis der „Vereint zum Ziel“-Studie des Beratungsunternehmens Accenture.

Laut der Studie gaben weltweit 75 Prozent (in der DACH-Region 74 Prozent) der Führungskräfte an, dass ihre Abteilungen bei der Digitalisierung eher miteinander konkurrieren als zusammenarbeiten. Das führt dazu, dass die Kosten für die digitale Transformation steigen und die zu erwartenden Umsatzgewinne sich drastisch reduzieren. Obwohl die Studie im Februar 2020 durchgeführt wurde und somit zu einer Zeit, in der das Ausmaß von COVID-19 noch nicht abschätzbar war, zeigt sie Trends und Probleme auf, die durch die Krise und den wirtschaftlichen Abschwung nur noch verschärft wurden. Die daraus resultierenden Erkenntnisse sollen Unternehmen helfen, diese zu meistern – jetzt und in der Zukunft.

Accenture Industry X Erfolg der Digitalisierung|copyright: Werkbild

„Mit dem Wachstum vieler Unternehmen haben sich gleichzeitig Silos gebildet – zentralisierte Funktionen und Abteilungen, die sich oft in erster Linie auf ihre internen Bedürfnisse konzentrieren und dadurch die Zusammenarbeit behindern“, warnt Aimo Bülte, Industry X-Experte in Deutschland bei Accenture. „Die aktuelle Krise beschleunigt zwar die Digitalisierung, sie fördert aber auch das altbekannte Problem des ‚Walled Gardens‘ erneut zutage. Das hindert Unternehmen nicht nur daran, ihre Geschäfte zu digitalisieren, sondern setzt sie auch der Gefahr einer langsameren Erholung und eines verlangsamten Wachstums aus.“

Kosten des funktionsübergreifenden Wettbewerbs

So haben zum Beispiel zahlreiche Unternehmen redundante Investitionen in bestimmte Technologien getätigt. Der Mangel an funktionsübergreifender Zusammenarbeit und Abstimmung schadet den Unternehmen bereits:

  • Zwischen 2017 und 2019 verursachten ihre Investitionen in digitale Projekte einen Kostenanstieg von fast sechs Prozent (in der DACH-Region 4,4 Prozent).
  • Der Jahresumsatz stieg durch die Digitalisierung von Funktionen nicht um die erwarteten 11,3 Prozent (12,9 Prozent), sondern nur um durchschnittlich sechs Prozent (4,2 Prozent).
  • 64 Prozent (74 Prozent) sahen überhaupt keine Steigerung ihres Umsatzwachstums durch digitale Investitionen.

„Arbeiten die einzelnen Unternehmensbereiche bei der Planung oder Ausführung digitaler Projekte in Silos, hemmt das nicht nur Innovationen, sondern kann auch dazu führen, dass ein Unternehmen die Gelegenheiten für Wachstum und mehr Effizienz verpasst“, erklärt Aimo Bülte. „Auch ohne die zusätzlichen Herausforderungen einer globalen Krise haben Führungskräfte in sämtlichen Branchen erkannt, dass sie sich fehlende Kooperation innerhalb ihres Unternehmens oder zwischen ihren Geschäftsfunktionen nicht leisten können.“

Eine kleine Gruppe von Unternehmen, insgesamt 22 Prozent (19 Prozent), zeichnete sich durch ihre interne Zusammenarbeit für eine höhere Wertschöpfung aus digitalen Technologien aus. Zwischen 2017 und 2019 erzielten diese „Champions“ durch die Digitalisierung ihrer Geschäftsfunktionen deutlich bessere finanzielle Ergebnisse: Mit digitalen Projekten generierten sie zusätzliche Einnahmen, die viermal so hoch waren wie die anderer Unternehmen: 27,1 gegenüber 6,6 Prozent (23,7 gegenüber 10,3 Prozent). Champions aus der DACH-Region haben gut ein Fünftel ihres Gesamtumsatzes in digitale Projekte investiert und das sehr profitabel: Ihr EBITDA (Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) wuchs von 2017 bis 2019 um 12,2 Prozent. Dagegen schrumpfte das EBITDA-Wachstum der übrigen Unternehmen um 6,2 Prozent.

Digitale Transformation auch während des Abschwungs vorantreiben

Eine zusätzliche Analyse nach dem Ausbruch der Pandemie hat gezeigt, dass die Champions den aktuellen Abschwung im Hinblick auf die durchschnittliche Aktienkursentwicklung ebenfalls besser überstanden haben als ihre Konkurrenten. Das lässt darauf schließen, dass diese Unternehmen mit dem, was sie „anders machen“, ihre Wettbewerbsfähigkeit inmitten des sich verschlechternden Wirtschaftsklimas steigerten. Das spiegelt sich in folgenden Aspekten wider:

  • Zu den Geschäftsstrategien der Champions gehören Handlungsempfehlungen, wie die digitale Transformation über alle Funktionen hinweg umgesetzt wird. Jede Führungskraft verantwortet die Strategie mit und bezieht Beteiligte ein.
  • Oftmals treibt eine hochrangige Führungskraft die gesamte digitale Transformation voran und ist damit für den digitalen Erfolg in jeder Funktion verantwortlich: 82 gegenüber 66 Prozent (67 gegenüber 49 Prozent).
  • Bei der Projektauswahl liegt der Fokus auf denen, die Menschen zusammenbringen und die Kooperation zwischen den einzelnen Geschäftsfunktionen stärken, wie z.B. das Management vernetzter Geräte und die Digitalisierung von technischen Daten.
  • Ihre digitalen Lösungen und Plattformen sind interoperabel, was es umso wahrscheinlicher macht, dass ihre digitalen Plattformen nahtlos ineinander übergreifen.
  • Champions haben einheitliche Regeln dafür, wie ihre Informationstechnologie (IT), die die Unternehmensplanung unterstützt, und ihre Betriebstechnologie (OT), die die Herstellung und den Betrieb steuert, zusammenarbeiten sollen.

„Unternehmen müssen ihre digitale Transformation auch während des wirtschaftlichen Abschwungs vorantreiben“, mahnt Aimo Bülte. „Das gelingt nur, wenn sie sich zu funktionsübergreifender Zusammenarbeit verpflichten. Neben der Effizienz und Produktivität wird diese zu einem entscheidenden Faktor für Erfolg und Differenzierung in schwierigen Zeiten.“

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