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Heterogene Antriebslösungen für die Zukunft

In der September-Ausgabe der Fachzeitschrift AGRARTECHNIK haben wir uns mir Dr. Markus Schwaderlapp, Leiter Forschung & Entwicklung bei der Deutz AG in Köln über zukünftige Antriebe in der Baumaschinentechnik unterhalten. Hier finden Sie den zweiten Teil des Interviews.

Dr. Markus Schwaderlapp (Deutz AG) |copyright: Deutz AG

AGRARTECHNIK: Das macht durchaus Hoffnung, dass die Antriebstechnikbranche praktikable Alternativen zum Dieselkraftstoff auf das Gleis stellen kann. Warum wird aber immer die Batterie – und das gerade in der Automobilbranche – als ‚die Lösung schlechthin‘ in den Fokus gerückt?

Dr. Schwaderlapp: Wissen Sie, in der Diskussion, die wir führen, wird vieles verkürzt wiedergegeben. Die Fachleute, die sich Tag ein Tag aus mit Forschung und Entwicklung hochmoderner Dieselaggregate beschäftigen, sind zu Unrecht über den Dieselskandal unter den Generalverdacht der Befangenheit gestellt worden. Viele meinen, die Thesen des Mainstreams bestätigen zu müssen um glaubwürdig zu sein. Lassen Sie mich ein Beispiel anbringen: Wenn Experten bei Vorträgen und Podiumsdiskussionen nicht zuallererst mit dem Thema Elektrifizierung beginnen, dann hören die Leute kaum mehr zu. Der gesellschaftliche Druck ist immens hoch.

AGRARTECHNIK: Es gibt ja durchaus Hersteller – primär im Automobilsektor – die nahezu vollständig auf die Batterieelektrik setzen. Wenn doch andere Lösungen technisch relativ einfach realisierbar sind. Warum gehen diese dann diesen Weg?

Dr. Schwaderlapp: Die Hersteller, die die Batterie als die Zukunftslösung präferieren, wollen die radikale Kehrtwende deutlich machen mit der Message: wir haben verstanden. Um einen Tanker zu bewegen braucht es klare und manchmal vereinfachte Botschaften. Dabei ist es durchaus Konsens, dass die Lösung der CO2 Frage nicht von einer Lösung alleine kommt.

AGRARTECHNIK: Wenn der Elektroantrieb seitens der Politik erzwungen würde, dann würde die bestehende Flotte in Deutschland ausgedient haben.

Dr. Schwaderlapp: Richtig, doch das ist keine gute Nachricht für die Umwelt. Wir müssen etwas für die Bestandsflotte tun, denn das günstigste und Beste, was man der Umwelt antun kann, ist, die Autos durch Umrüstung möglichst lange weiter zu fahren. Wenn wir zum Beispiel synthetische, CO2-freie Kraftstoffe zu 15% beimischen, dann führt das auf einen Schlag zu einer CO2-Verringerung von 15 Prozent. Doch dazu sind eindeutige gesetzliche Randbedingungen notwendig, denn es sind große Investitionen erforderlich. Doch es wächst auch in der Politik die Erkenntnis, dass das ausschließliche Herstellen batteriebetriebener Elektrofahrzeuge nicht die umfassende Lösung darstellt; zudem würde es viele Arbeitsplätze kosten.

AGRARTECHNIK: Was noch erschwerend hinzu kommt, ist, dass viele nicht bedenken, aus welchen Quellen der Strom kommen soll.

Dr. Schwaderlapp: Auch das ist korrekt! Vom Gesamtenergieverbrauch in Deutschland werden 14 Prozent CO2-frei erzeugt – nur gut 5 Prozent entfällt auf grünen Strom aus Wind und Photovoltaik. Das ist verschwindend gering. Wir kennen die Zahl 40 Prozent, aber die bezieht sich auf den Anteil am Stromverbrauch. Selbst wenn man jetzt die Anzahl der Windkraftanlagen verdoppeln würde, würde das die Umwelt noch nicht merken. Das heißt dann, wir sind auch in Zukunft auf den Import grüner Energie angewiesen und diese wird nicht als nutzbarer Strom ankommen, sondern in Form von Wasserstoff oder Methan. Das ist eine branchen- und nationenübergreifende Herausforderung.    

AGRARTECHNIK: Also meinen Sie, beim Infrastrukturausbau und der Förderung alternativer Antriebe hat es hierzulande Versäumnisse gegeben?

Dr. Schwaderlapp: Ja klar! Es ist fünf vor zwölf, wenn man die CO2-Bilanz und die Erderwärmung anschaut. Wir sollten uns im Übrigen durch die leichte Entspannung nicht täuschen lassen, die von der Corona-Krise ausgelöst wird. Es wird die Zeit kommen, in der die Welt wieder maximal mobil sein wird.

AGRARTECHNIK: Abschließende Frage Herr Dr. Schwaderlapp: Wann glauben Sie, werden alternative Antriebe im Bau- und Landmaschinenbereich in größerem Stile ihren Durchbruch schaffen?

Dr. Schwaderlapp: Da sollten wir als Richtwert Stückzahlen über zehn Prozent nennen im Verhältnis zum Gesamtmarkt. Beim Thema Hybrid ist grundsätzlich eine Offenheit spürbar. Aber wann der richtige Durchbruch kommt, kann ich final nicht sagen, sprich ob das in fünf, sechs, oder sieben Jahren der Fall sein wird. Aber ich denke schon, dass es noch in diesem Jahrzehnt massiv vorwärts gehen wird. Ich habe ja schon erwähnt, dass sich der Kunde durchaus offen zeigt. Nur ist er eben nicht bereit für ein Aggregat deutliche Mehrkosten zu tragen. Da sagt der Kunde nein, wenn er nicht zwingend muss. Wie sich der Antriebsmix letztlich entwickeln wird, gleicht zum jetzigen Zeitpunkt einem Blick in die Glaskugel. Die Antriebstechnikentwickler müssen die Kunden abholen, sie müssen wissen, welche individuellen Lösungen für jeden einzelnen am besten geeignet sind. Wir als Deutz AG werden jedenfalls die Vorzüge des robusten, mobilen, flexiblen und autark einsetzbaren Verbrennungsmotors – mit nachhaltigen Kraftstoffen –  im Verbund mit elektrifizierten Antrieben sinnvoll kombinieren.

Das Interview führte Lukas Arnold (lukas.arnold@dlv.de)

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